Donnerstag, 10. November 2016

Je schwerer die Jahresringe desto heftiger die Niederschläge

Jahresringe von Bäumen sind ein viel und erfolgreich genutztes Klimaarchiv, das auf einer Zeitskala von mehreren Jahrhunderten, manchmal sogar mehreren Jahrtausenden, eine Auflösung von Jahresfristen bietet. Isotopenverhältnisse in solchen Jahresringen werden lange schon angewendet, um Klimaparameter wie Temperatur und Niederschlag über die Lebenszeiten der Bäume hinweg zu messen.

In einer neuen deutsch-amerikanischen Studie untersuchten Forscher aus Mainz, Heidelberg und Salt Lake City stabile Wasserstoffisotopenverhältnisse (das sind Verhältnisse stabiler, also nicht-radioaktiver Isotope, wie H und D, aber nicht T) von Methoxylgruppen des Lignins verschiedener Baumarten, die entlang einer etwa 3500 km langen Linie in nord-südlicher Richtung durch ganz Europa gesammelt wurden - mit mittleren Jahrestemperaturen (MAT) im Bereich von - 4 bis + 17 ° C.

Die Wissenschaftler fanden dabei eine starke lineare Beziehung zwischen diesen MATs und den δ2H-Werten des Lignins.

Die Forscher verwendeten diese deutliche Korrelation, um MATs aus zufällig gesammelten Holzproben vorherzusagen und eine allgemeine Übereinstimmung zwischen vorhergesagten und beobachteten MATs für die mittleren geographischen Breiten weltweit zu finden. Diese Ergebnisse werden seitdem auf die Brauchbarkeit auf dem Gebiet des Paläoklimas diskutiert.

Alles deutet dabei darauf hin, dass δ2H-Werte von Lignin-Methoxylgruppen möglicherweise das Potenzial haben, MATs zu rekonstruieren, wenn sie auf die Jahresring-Chronologien von Bäumen der mittleren Breitengraden des späten Holozäns angewendet werden.

Die wissenschaftliche Grundlage hinter diesen Isotopenverhältnissen:

Foto: Rainer Sturm / pixelio.de
Isotopeneffekte sind generell sehr klein, da die verschiedenen Isotope eines Elements sehr ähnliche Massen haben. Ganz anders bei Wasserstoff: Hier ist das Deuterium (mit einem zusätzlichen Neutron im Atomkern) doppelt so schwer ist wie ein "normales" Protium. Deshalb haben chemische Bindungen mit Deuteronen eine erheblich tiefer liegende Nullpunktsschwingungsenergie. Damit einher geht eine deutlich erhöhte Aktivierungsenergie für Reaktionen, die diese Bindung brechen müssen, mit der Folge, dass solche Reaktionen bei gleicher Temperatur deutlich langsamer verlaufen als bei Bindungen mit H-Atomen: Beispielsweise bricht eine C—H-Bindung bei Raumtemperatur rund siebenmal so schnell wie eine C—D-Bindung.


Das ist der Ansatz für das Jahresringarchiv:

Da man davon ausgeht, dass in mittleren Breiten der Niederschlag linear abhängig von der Temperatur ist, diese Umgebungstemperatur wiederum darüber entscheidet, ob bei Reaktionen mit diesem Niederschlagswasser schweres Wasser (D2O) temperaturabhängig im Verhältnis zu normalem Wasser (H2O) mehr oder weniger schlecht reagiert, muss sich dies auch in jeder Reaktion niederschlagen, die in einem Baum oder einer anderen Pflanze dieses Wasser spaltet, um dieses Spaltprodukt in eine organische Verbindung zu übertragen. Wie etwa bei der Synthese der Methoxylgruppen im Lignin.

In jedem Baumring ist deshalb in den dort gespeicherten Lignin-Strukturen die Isotopenverteilung proportional der mittleren Niederschlagsmenge in diesem Jahr.

Die Ergebnisse der Studie noch einmal in Schlagzeilen:


  • In mittleren Breiten spiegelt die δ2H-Signatur der Baumringe den jährlichen Niederschlag.
  • Moderne mittlere Jahrestemperaturen konnten mit der δ2H-Signatur genau vorhergesagt werden.
  • Die Ergebnisse werden im Kontext ihrer Relevanz für das Paläoklima diskutiert.
Hier geht es zur Originalveröffentlichung

 

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