Freitag, 2. Dezember 2016

Dendrochronologen - Kriminologen in Sachen Holz

Foto: Rainer Sturm / pixelio.de
Aus Slowenien kommt eine aktuelle Studie, die 10 Violinen, unterschiedlich in Alter und Herkunft, dendrochronologisch auf die Pelle rückte. Bei dieser Wissenschaft wird die Anzahl und Breite der Jahresringe eines zu untersuchenden Holzstückes bestimmt und mit Daten aus entsprechenden Archiven abgeglichen. Die Abfolge der Jahresringe ist für Bäumen, die an einem bestimmten Standort gewachsen sind, immer gleich. Das Muster ihrer Abfolge ist damit wie der Fingerabdruck einer bestimmten Zeitperiode.


Alle Violinen im Test waren aus Norwegischer Fichte (Picea abies) hergestellt. Für die Datierung jeder Violine wurde, wie in dendrochronologischen Berichten üblich, das Kalenderjahr (Enddatum) angegeben.

Die Forscher beschrieben in ihrem Test, wie solche Einordnungen in Bezug auf Alter, Herkunft, Produzent und Authentizität des Instruments zu interpretieren sind.

Sechs Violinen wurden von einem bekannten Geigenbauer in Slowenien hergestellt, der zuverlässige Informationen über die Holzquelle sowie Details über die Holzverarbeitung lieferte. Die dendrochronologisch bestimmten Endtermine variierten von 1988 bis 2005 und gingen daher um 5 bis 22 Jahre vom dokumentierten Datum des Fällens des Baumes im Jahr 2010 zurück und 10 bis 27 Jahre von der Herstellung des Instrumentes (2014/2015). Dies erklärt, warum das Endjahr (d. h. die Datierung einer Violine immer als Endpunkt im Sinne von terminus post quem (Zeitpunkt nach dem ...) betrachtet werden müssen.

Die Violinen hatten relativ wenige Baumringe (51-72), aber es war trotzdem möglich, sie mit lokalen Baumring-Chronologien zu datieren, was zeigt, dass adäquate Referenz-Chronologien für eine erfolgreiche Datierung wesentlich sind.

Ein Enddatum von 1929 wurde für eine Violine unbekannter Herkunft (die Violine 7 im Test) bestimmt. Dieses Datum wurde wiederholt durch zahlreiche lokale Chronologien und durch verschiedene Jahresring-Sequenzen von anderen Instrumenten bestätigt. Die wichtigsten statistischen Parameter der Datierung, die mit deutschen lokalen Chronologien und Instrumenten erhalten wurden, unterstützten die Meinung von Experten, dass dieses Instrument wahrscheinlich in einer deutschen Werkstatt hergestellt wurde.

Eine weitere Geige (Violine 14), in Privatbesitz in Slowenien, wurde anhand sehr hoher statistischer Sicherheit mithilfe mehrerer Chronologien aus dem weiteren Gebiet des Böhmerwaldes zitlich eingeordnet. Ihr möglicher Ursprung und ihr Enddatum von 1893 bestätigte die Meinung von Organologen, dass das Instrument von einer deutschen Werkstatt im 19. Jahrhundert hergestellt worden sein könnte, was nahelegte, dass das Etikett im Innern des Klangkörpers "Joseph Guarnerius fecit Cremonae anno 1721" falsch war.

Violine 15, von einem Privatbesitzer in Paris, datiert auf 1748 mithilfe von Chronologien aus dem nördlichen Alpenraum, stimmte mit der Meinung von Experten überein, dass das Instrument in Paris um 1750 entstanden sein könnte, während das Label "STRADEVARIUS Filius Cremona" sich als eine Fälschung erwies.

Violine 13, unbekannten Alters und Ursprungs, blieb unbestimmt, obwohl die verwendeten Hölzer eine sehr hohe Anzahl von Baumringen enthielt (193), was gewöhnlich die Wahrscheinlichkeit für dendrochronologische Datierung erhöht.

Seine Nichtdatierbarkeit führen die Forscher auf mögliche Messfehler bei der Erfassung der extrem schmalen Jahresringe und auf einen dunklen opaken Lack zurückgeführt. Auch die Anwendung verschiedener Geräte und Methoden (Objektive, Stereomikroskop, hochwertige digitale Bildanalyse) halfen nicht, die Baumringe exakt zu identifizieren.

Dieser Fall zeigt eine der Grenzen der Dendrochronologie.

Hier geht es zum Originalartikel

 

Mehr zum Thema: Für Temperatur-Archive muss man Buchen suchen

 

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