Montag, 19. Juni 2017

Lehrer und -innen haben eine Schwäche für Schülerinnen und schwächen so die Schüler

Die "Krise der Jungs" ist hausgemacht. Zumindest zum Teil: Die Vorurteile der Lehrer(innen) sind es, die insgeheim Verhaltensstörungen als ein männliches Phänomen ansehen und deshalb darauf deutlicher antworten. Zum Nachteil der Jungs in der Klasse.

 

 

 

 

 

Hannah Kleen
Mit zwei Experimenten haben sich Forscher aus Wuppertal angehende Lehrer und "alte Hasen" dieses Fachs zur Brust genommen und die tief in ihnen verwurzelten Theorien über die Persönlichkeitsstrukturen ihrer Schüler und Schülerinnen ans Licht gebracht:

Ein Impliziter Assoziationstest (IAT) (siehe unten) ergab dabei, dass 98 der angehenden Lehrer im Test männliche Schüler grundsätzlich mit negativen und weibliche Schüler mit positiven Verhaltensweisen in Verbindung brachten. Diese (Vor-)Urteile führten schließlich zu entsprechenden Interventionen beim Fehlverhalten der männlichen Schüler.

Ein zweites Experiment, eine sogenannte Vignettenstudie (siehe unten), mit 30 erfahrenen Lehrern führte ebenfalls zu geschlechtsspezifischen Zuordnungen: Externalisiertes Verhalten, d.h. "auffälliges" Verhalten oder Fehlverhalten, wurde von den Lehrern im Test als männlich angesehen, und die Antworten der Lehrer auf dieses Schüler-Fehlverhalten fielen für die männlichen Schüler deutlich weniger günstig aus.

Die Ergebnisse der Studie aus Wuppertal zeigen hiermit den Anteil auf, den Lehrer an der "Krise der Jungs" im heutigen Schulsystem haben. Die Forscher fordern deshalb Fortbildungsprogramme, um die Lehrer gegen ihre geschlechtsspezifischen Vorurteile zu immunisieren.

Der IAT wird hauptsächlich zur impliziten Messung von Einstellungen der Testperson gegenüber Objekten des Selbstwerts (self-esteem), der Identität (self-identity) und der Stereotype (Klischees, Vorurteile) verwendet. Er wird am Computer durchgeführt und basiert auf der Idee, dass es Personen leichter fällt, auf assoziierte Konzepte mit derselben Antworttaste anstatt mit einer entgegengesetzten Taste zu antworten.

Vignette-Studie: In den Sozialwissenschaften steht der Begriff „Vignette“ für eine stimulierende Ausgangssituation, die die befragten Personen zu Beurteilungen oder zu weiterführenden Handlungsmöglichkeiten anregen soll. Mittels einer Vignette wird also eine hypothetische Situation in Befragungen als Stimulus eingesetzt und die zu befragende Person gebeten, die Situation zu beurteilen und/oder eine situationsentsprechende Handlungsweise anzugeben und diese zu begründen.

Hier geht es zur Originalveröffentlichung

 

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