Dienstag, 21. August 2018

Die Kindersterblichkeit in Deutschland nimmt weiterhin deutlich ab

In Deutschland starb Anfang des letzten Jahrhunderts jedes sechste Kind noch während des ersten Lebensjahres, von 100.000 Neugeborenen also etwa 16.600. Heute sind das nur noch 300. Bis zum 15. Lebensjahr verringern sich diese Sterberaten auf um die 9 pro 100.000 Kinder. Im Verhältnis zu diesen heutigen Zahlen lagen die Sterblichkeitsraten der Kinder um 1980 noch vier- bis fünfmal höher.

Auch noch im Mittelalter war die Kindersterblichkeit in Europa sehr viel höher als heute. Wohl mehr als die Hälfte der Kinder wurde keine 14 Jahre alt. Erst in der Frühen Neuzeit begann die Kindersterblichkeit langsam zu sinken, aber deutlich sank sie erst mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. (Quelle: Wikipedia)

Auch wenn viele dieser Kinder an Mangelernährung starben, war selbst in wohlhabenden Familien um 1750 wie die, in die Johann Wolfgang von Goethe hineingeboren wurde, die Kindersterblichkeit aufgrund von Krankheiten, speziell Kinderkrankheiten, sehr hoch:


"Weder von Masern noch Windblattern, und wie die Quälgeister der Jugend heißen mögen, blieb ich verschont, und jedesmal versicherte man mir, es wäre ein Glück, daß dieses Übel nun für immer vorüber sei; aber leider drohte schon wieder ein andres im Hintergrund und rückte heran. ... Bei Gelegenheit dieses Familienleidens will ich auch noch eines Bruders gedenken, welcher, um drei Jahr jünger als ich, gleichfalls von jener Ansteckung ergriffen wurde und nicht wenig davon litt. Er war von zarter Natur, still und eigensinnig, und wir hatten niemals ein eigentliches Verhältnis zusammen. Auch überlebte er kaum die Kinderjahre. Unter mehrern nachgebornen Geschwistern, die gleichfalls nicht lange am Leben blieben, erinnere ich mich nur eines sehr schönen und angenehmen Mädchens, die aber auch bald verschwand, da wir denn nach Verlauf einiger Jahre, ich und meine Schwester, uns allein übrig sahen und nur um so inniger und liebevoller verbanden." (Quelle: Dichtung und Wahrheit)

Mit 300 im Alter bis zu einem Jahr verstorbenen Säuglingen von 100.000 Geburten liegt Deutschland europaweit in der Spitzengruppe. Nur Island und Monaco können noch positivere Zahlen präsentieren. Im Osten Europas vervielfachen sich die Sterblichkeitsraten, und in der Türkei sind sie mit 1.800 pro 100.000 Geburten sechsmal so hoch. (Quelle: indexmundi.com)

Weltweit ist zur Zeit Afghanistan der negative Spitzenreiter. Dort sterben von 100.000 Neugeborenen erschreckende 11.000 Säuglinge noch vor erreichen des ersten Lebensjahres. Im Ranking folgen viele Afrikanische Staaten, wo 10.000 bis etwa 50.000 Von 100.000 Kindern sterben. (Quelle: indexmundi.com)

Ziel einer aktuellen Studie von Forschern aus dem Landesgesundheitsamtes Baden-Würrtemberg war es jetzt, einen Überblick über die Jahrhundert-Trends der Mortalitätsraten unserer Kinder bis zum Erreichen des 15. Lebensjahres in Deutschland für die Zeit von 1980 bis 2015 zu gewinnen.

Methoden

Die Analysen dieser säkularen Trends basierten dabei auf den deutschen alters- und geschlechtsspezifischen Mortalitätsdaten der folgenden Altersgruppen:

  • jünger als 1 Jahr
  • 1 bis 5 Jahre
  • 5 bis 10 Jahre
  • 10 bis 15 Jahre
für den Beobachtungszeitraum von 1980 bis 2015.

Die Ergebnisse haben die Forscher in Zeitreihen dargestellt, um mögliche Trends und Unterschiede in den Mortalitätsdaten der vier Altersgruppen zu beschreiben und zu erkennen.

Ergebnisse

Die Zeitreihe der Säuglingssterblichkeit zeigten folgende Entwicklungen – bezogen auf je 100.000 Kinder von 1980 bis 2015:

  • Jungen jünger als 1 Jahr: von 1500 auf 300
  • Mädchen jünger als 1 Jahr: von 1000 auf 250
  • Jungen/Mädchen, 1 bis 5 Jahre: von 60 auf 20
  • Jungen, 5 bis 10 Jahre: von 40 auf 8
  • Mädchen, 5 bis 10 Jahre: von 25 auf 6
  • Jungen, 10 bis 15 Jahre: von 34 auf 9
  • Mädchen, 10 bis 15 Jahre: von 21 auf 9
Auch die bislang erheblichen Unterschiede in der Mortalität zwischen Jungen und Mädchen sind in der Zeit von 1980 bis 2015 offensichtlich deutlich zurückgegangen. Alle in dieser Studie beobachteten abnehmenden Trends waren nichtlinear mit einer abnehmenden Steigung im Zeitverlauf.

Schlussfolgerungen

Die Analyse der alters- und geschlechtsspezifischen Mortalitätsraten in Zeitreihen erlaubt einen Überblick über die Mortalitätsentwicklung in verschiedenen Altersgruppen und Vergleiche zwischen beiden Geschlechtern über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Erkennung und der Vergleich säkularer Trends wird durch die Visualisierung der Daten in Zeitreihen unterstützt.

Die Mortalitätsraten sind in allen betrachteten Altersgruppen zwischen 1980 und 2015 zurückgegangen und die Unterschiede in der Sterblichkeit von Jungen und Mädchen haben abgenommen.

Hier und hier geht es zur Originalveröffentlichung

 

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