Donnerstag, 4. Juli 2019

Migranten dicker als Einheimische



Kinder in Deutschland mit Migrationshintergrund verbringen signifikant weniger Zeit mit moderater bis starker körperlicher Aktivität. Kinder mit Migrationshintergrund zeigten deshalb einen signifikant höheren Body-Mass-Index mit den entsprechenden gesundheitlichen Gefährdungen, die ins Erwachsenenalter mitgenommen werden.
Viele Kinder sind nicht ausreichend aktiv, und Kinder mit Migrationshintergrund scheinen noch weniger aktiv zu sein und ein höheres Risiko für die Entwicklung von Adipositas zu haben. 
In einer aktuellen Studie haben jetzt Forscher aus Ulm den Gewichtsstatus sowie die Häufigkeit und Intensität der objektiv bewerteten körperlichen Aktivität von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund bewertet.
Dazu beurteilten die Ulmer die körperlichen Aktivität  6 Tage lang bei 273 Kindern (Alter 7,1 ± 0,6 Jahre). Insgesamt 74 Kinder (27%) wurden als Kinder mit Migrationshintergrund eingestuft. Die körperlichen Aktivität  wurde in leichte und mäßig bis kräftige körperliche Intensitäten eingeteilt. Der Body Mass Index (BMI) wurde bestimmt.

Ergebnisse

  • Kinder ohne Migrationshintergrund verbrachten mehr Zeit in körperlicher Aktivität als Kinder mit Migrationshintergrund (138,2 ± 62,6 gegenüber 121,7 ± 54,9 Minuten). 
  • Am Wochenende verringerte sich die körperlich aktive Zeit bei allen Kindern signifikant (112,3 ± 66,0 Minuten), insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund (97,7 ± 56,7 Minuten). 
  • Kinder mit Migrationshintergrund zeigten deutlich höhere BMI als Kinder ohne Migrationshintergrund (55,7 ± 29,6 vs 44,3 ± 26,8 bzw) 
  • und waren deutlich häufiger übergewichtig und / oder fettleibig (13,5% vs 8,5%).

Schlussfolgerungen

Kinder mit Migrationshintergrund sind weniger körperlich aktiv und häufiger übergewichtig, was zu einem höheren Risiko für die Entwicklung von Folgeerkrankungen führt. Die Ergebnisse dieser Studie sollten bei der Gestaltung von Maßnahmen zur Erhöhung der körperlichen Aktivität  bei Kindern mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden.

Hintergrund 

Obwohl die Adipositasraten bei Kindern und Erwachsenen gestiegen sind, zeigen neuere Studien Anzeichen einer Stagnation von Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Auch wenn Fettleibigkeit als weltweite Epidemie anerkannt ist, ist sie in Kombination mit körperlicher Inaktivität in den letzten Jahren zu einer der größten Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit geworden.
Übergewicht bei Kindern wurde mit verschiedenen physischen und psychischen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, wie z. B. kardiovaskuläre Risikofaktore (z. B. Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes), orthopädische Probleme und verminderte Lebensqualität. Übergewicht und Adipositas in der Kindheit bestehen tendenziell auch im Jugend- und Erwachsenenalter fort. Neben der genetischen Veranlagung sind die Hauptgründe für die Zunahme der Fettleibigkeit im Kindesalter Verhaltens-, Kultur- und Umweltfaktoren wie die Abnahme der körperlichen Aktivität, eine zunehmend sitzende Lebensweise und ungünstige Essgewohnheiten. Um eine weitere Ausbreitung dieser Epidemie zu verhindern, gelten die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO): 
Für Kinder ab 5 Jahren werden mindestens 60 Minuten mäßige bis kräftige körperliche Aktivität pro Tag empfohlen. Trotzdem wird häufig ein Rückgang der körperlichen Aktivität von der frühen Kindheit bis zum Erwachsenenalter beobachtet.
In ganz Europa erreichen nur 20% der Kinder und Jugendlichen die empfohlenen 60 Minuten körperliche Aktivität  pro Tag.
Kinder mit Migrationshintergrund scheinen weniger körperlich aktiv zu sein, sowie mehr Zeit mit Bildschirm- Medien zu verbringen und mehr zuckerhaltige Lebensmittel zu essen, die in dieser Population zu einem höheren Risiko der Entwicklung von Übergewicht und Adipositas führt. 
Es wurde vermutet, dass die Migration in westliche Länder das Risiko von Übergewicht und Fettleibigkeit infolge von Veränderungen in der Kultur und im Lebensstil erhöht.  
Körperliche Aktivität, obwohl weltweit bekannt, wird in vielen Ländern nicht als gesundheitsfördernd oder lebenswichtig für einen gesunden Lebensstil betrachtet. Vielen Kindern (und ihren Eltern) sind die Vorteile eines körperlich aktiven Lebensstils noch nicht bewusst, was zu einem Mangel an körperlichen Aktivitäten führt, insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund. 
In Deutschland sind 21% der Grundschulkinder ohne Migrationshintergrund weniger als einmal pro Woche körperlich aktiv, verglichen mit 36% bzw. 48% der Jungen und Mädchen mit Migrationshintergrund
Die meisten dieser Daten wurden bisher jedoch subjektiv bewertet – mit den bekannten Nachteilen. Es gibt deshalb nur wenige objektive Daten zum Bewegungs-Verhalten von Grundschulkindern in Deutschland und noch weniger Forschungsergebnisse, die auf einer objektiven Bewertung der körperlichen Aktivität von Kindern mit Migrationshintergrund beruhen.
Das Verständnis der unterschiedlichen Körperertüchtigungs-Werte von Kindern mit Migrationshintergrund in Deutschland sowie ihrer Einflussfaktoren im Vergleich zu Kindern ohne Migrationshintergrund ist jedoch von entscheidender Bedeutung, wenn die langfristigen Vorteile von körperlicher Aktivität für ein gesundes Leben in Betracht gezogen werden sollen. Das Verständnis dieser Unterschiede wird die Konzeption und Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Förderung eines aktiven Lebensstils bei Kindern mit Migrationshintergrund unterstützen.
Hauptziel dieser Studie war es daher, die Häufigkeit und Intensität der objektiv bewerteten körperlichen Aktivität von Grundschulkindern mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland zu evaluieren. Ein sekundäres Ziel war es, die Körperzusammensetzung und den Gewichtsstatus von Kindern anhand ihres Migrationshintergrunds zu vergleichen.

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