Samstag, 21. Januar 2017

Eine Grippeimpfung kann vor Herzinfarkt schützen

Eine Grippeimpfung kann vor Herzinfarkt schützen. Das ist die Quintessenz einer Studie aus Hannover. Warum: Weil, anders als bisher vermutet, Arteriosklerose durch Versorgungsdefizite der Blutgefäßwände entsteht, oft hervorgerufen durch Entzündungssprozesse bei Befall von Viren oder Bakterien.

Die seit Jahrzehnten vertretene Lehrmeinung geht von einer „Verkalkung" der Arterien wie zum Beispiel der Herzkranzgefäße aus, weil sich Fette aus dem Blut an der Innenwand der Blutgefäße anlagern. Als Reaktion des Immunsystems bildet sich dort die sogenannte Plaque, die mit der Zeit das Gefäß verstopfen kann.

Der Herzchirurg Professor Dr. Axel Haverich vertritt jedoch eine ganz andere Theorie: Die Fettablagerungen kommen nicht aus dem Blut, sondern sind vielmehr Überreste abgestorbener Zellen der Gefäßwand.

Auch Arterien benötigen eine eigene Versorgung ihrer Gefäßwand mit Sauerstoff und Nährstoffen. Dafür gibt es kleine Versorgungsblutgefäße in der Außenwand der Arterie. Verschließen die sich, sterben Zellen vor allem in der mittleren Wandschicht ab: Es kommt zu einem Infarkt der Arterienwand. Häufigster Auslöser solcher Verschlüsse sind Entzündungsreaktionen, die durch Viren, Bakterien und Feinstaub entstehen, aber auch durch schädliche Fettpartikel (oxidiertes LDL-Cholesterin).

„Während hunderter Bypassoperationen konnten wir feststellen, dass immer nur bestimmte Abschnitte der Herzkranzgefäße verkalkt waren, während dasselbe Gefäß an anderen Stellen niemals krankhaft verändert ist“, berichtet Professor Haverich. „Diese Beobachtung machten wir auch in anderen Stromgebieten, beispielsweise im Oberschenkel. Gemeinsam war den arteriosklerosefreien Stellen, dass sie außen von Muskel umgeben waren. Da alle kleineren Arterien des Menschen ohnehin nur selten betroffen sind, muss bezweifelt werden, dass der Prozess a) eine generalisierte Erkrankung darstellt, die b) an der Innenwand beginnt.“

Die Zweifel wurden genährt von der Entdeckung neuer Risikofaktoren für die Arteriosklerose: Zum Beispiel wurde in zahlreichen Untersuchungen anderer Wissenschaftler in den vergangenen Jahren ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer erhöhten Herzinfarktrate und dem Auftreten von Grippeepidemien mit Lungenentzündungen, aber auch durch Feinstaub-Exposition nachgewiesen. Und es wurden mehr als 30 verschiedene Mikroben anhand ihrer DNA in arteriosklerotischen Plaques isoliert. Diese Zusammenhänge sind mit der bisherigen Theorie der erhöhten Blutfette allein nicht zu erklären.

Während seiner Recherchen stieß Professor Haverich auf Veröffentlichungen, die zum Teil mehr als 100 Jahre alt waren und die über aktuelle Literaturdatenbanken nicht mehr auffindbar sind. Sie untermauern seine Theorie der Versorgungsstörung der Arterienwand als Ursache für die Arteriosklerose:

Die neue Theorie zur Entstehung von Arteriosklerose bietet erweiterte Ansatzpunkte für die Entwicklung innovativer Behandlungsansätze der Erkrankung. Bis diese allerdings den Patienten zur Verfügung stehen, empfiehlt Professor Haverich zur Prävention der Arteriosklerose:

„Neben den bekannten, günstigen Lebensgewohnheiten wie gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung sollte die Verhinderung und Bekämpfung von Infektionen als Prävention der gefährlichen Arterienverkalkung Beachtung finden. Zu nennen sind hier zum Beispiel die regelmäßige Grippeschutzimpfung, die Sanierung von chronischen Entzündungen und – vor allem – körperliche Aktivität.

Hier geht es zur Originalveröffentlichung

Hier geht es zum Artikel bei idw-online

 

Foto: Professor Haverich. (Quelle „MHH/Kaiser“)

 

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