Mittwoch, 19. April 2017

Wie tickt mein Gegenüber? – der Vagusnerv öffnet uns das dritte Auge

Charles Darwin hat es einst vorgeschlagen, und eine aktuelle Studie aus Leiden, Bochum und Dresden gibt ihm jetzt Recht: Der Vagusnerv lässt uns in Gesichtern lesen. Dieser zehnte Hirnnerv hat demnach (auch) eine entscheidende kommunikative Funktion in Sachen Körpersprache.

Im Einklang mit dieser frühen Idee von Darwin ging die später entwickelte polyvagale Theorie davon aus, dass der Vagusnerv zumindest der wichtigste phylogenetische Player ist, der das emotionale und soziale Verhalten registriert. Diese polyvagale Theorie geht davon aus, dass eine optimale soziale Interaktion, die die Erkennung von Emotionen in Gesichtern beinhaltet, durch den Vagusnerv moduliert wird.

Bisher ist das aber wohl am Menschen noch nicht überprüft worden. Um dies zu untersuchen, haben die Forscher jetzt die transkutane Vagusnervstimulation (tVNS) eingesetzt, eine neuartige, nicht invasive Hirnstimulationstechnik, die die Gehirnaktivität über Bottom-up-Mechanismen moduliert. Dabei wird die Stimulation des Nervs über die Ohrmuschel getätigt.

Ein Placebo-kontrolliertes, randomisiertes Testsystem wurde verwendet, um eine kausale Beziehung zwischen dem stimulierten Vagusnerv und der damit verbundenen Fähigkeit, im Gesicht des Gegenübers Emotionen zu erkennen, zu verifizieren. 38 gesunde junge Freiwilligen nahmen am Test teil.

Aktive tVNS, im Vergleich zu einer nur simulierten Stimulation, verbesserte die Emotions-Erkennung – zumindest bei einfachen Sachverhalten, was darauf hindeutet, dass es die Fähigkeit, solche ausgeprägten sozialen Kommunikations-Zeichen zu dekodieren, fördert.

Die Ergebnisse der Studie bestätigen somit, dass der Vagusnerv kausal in die Emotionserkennung involviert ist, was letztlich Darwins Argumentation stützt.

Hier geht es zur Originalveröffentlichung

 

(Anm: In Situationen, wo es auf eine solche "Dekodierung" der Stimmungslage des Gegenübers ankommt, sollte man also vielleicht seinen Vagusnerv "scharf stellen". Mittel der Wahl hierfür: Ein paar Schlucke (eis)kaltes Wasser trinken, mit den Fingern einen leichten Druck auf die Augäpfel ausüben. Entspannungsübungen!

 

Foto: Jens Goetzke / pixelio.de

 

 

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