Im Alltag müssen moralische Entscheidungen häufig unter akutem Stress getroffen werden. Zwar gibt es zunehmende Beweise dafür, dass sowohl Stress als auch Cortisol das moralische Urteil und das Verhalten sowie die Entscheidungsfindung in verschiedenen, nicht mit der Sittlichkeit verbundenen Gebieten beeinflussen. Überraschenderweise wurden aber nur wenige Versuche unternommen, die Auswirkungen von Stress auf die alltägliche moralische Entscheidungsfindung zu erforschen.
Prof. Dr. Brigitte M. Kudielka |
Die Forscher untersuchten die Auswirkungen der akuten Stressbelastung und des stressbedingten Cortisolspiegelanstiegs auf Entscheidungsfindung, Entscheidungssicherheit und Emotionen in 28 alltäglichen moralischen Konfliktsituationen mit altruistischen (selbstlosen) und egoistischen Antwortalternativen.
Die Ergebnisse zeigten, dass die TSST-exponierte Gruppe mehr altruistische Entscheidungen als die Nicht-Stress-Kontrollgruppe machte, während sich die beiden Gruppen nicht in ihrer Entscheidungssicherheit und ihren Emotionsbewertungen unterschieden. Darüber hinaus beobachteten die Wissenschaftler mittels Korrelations- und Regressionsanalysen signifikante positive Assoziationen zwischen dem Cortisolspiegel der jungen Männer und einer altruistischen Entscheidungsfindung.
Weitere Analysen zeigten, dass altruistische Entscheidungen mit einer deutlich höheren Entscheidungssicherheit und deutlich positiveren Emotionsbewertungen als mit egoistischen Entscheidungen einhergingen. Bemerkenswert ist auch, dass die Daten auch die Vorstellung erwecken, dass das Persönlichkeitsmerkmal "Verträglichkeit", eines der Big Five Persönlichkeitsmerkmale, eine wichtige Rolle bei der alltäglichen moralischen Entscheidungsfindung spielt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sowohl akute Stressbelastungen als auch hohe Cortisolspiegel prosoziale Auswirkungen auf die alltägliche moralische Entscheidungsfindung bei jungen gesunden Männern haben.
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