Mittwoch, 7. März 2018

Das Hirn Fettleibiger: Hungern im Schlaraffenland

Trotz eines überreichen Angebotes an hochkalorischen Nahrungsmitteln, leidet das Gehirn von Übergewichtigen bei normalen Blutzuckerwerten im Vergleich zu Normalgewichtigen an einer deutlichen Unterversorgung an Energie. Möglicherweise erklärt das, warum ein solch unterversorgtes Gehirn viel zu spät durch Aussenden von Sättigungssignalen die Nahrungsaufnahme stoppt. Die frohe Botschaft, die darin stecken könnte: Wer sich mühsam (!) auf Normalgewicht gehungert hat, dem hilft schließlich sein Hirn(stoffwechsel), diesen Zustand mühelos (!) zu erhalten.

Hintergrund

Es gibt Hinweise darauf, dass der Energiestatus des Gehirns von Fettleibigen trotz eines chronischen Überangebotes an kalorienreicher Nahrung erniedrigt ist. Die zugrundeliegenden Mechanismen waren bislang weitestgehend unbekannt.

Prof. Dr. med. Dipl.-Päd. Kerstin M. Oltmanns
Forscher in Lübeck haben jetzt in einer aktuellen Studie die Hypothese aufgestellt, dass das Gehirn übergewichtiger Menschen nicht in angemessener Weise Energie als Reaktion auf eine hyperkalorische Versorgung erzeugt.

Methoden

17 Normalgewichtigen und 13 fettleibigen Teilnehmern wurde dazu Glucose intravenös so lange zugeführt, bis die Blutglucosekonzentrationen 7 mmol/l oder 10 mmol/l erreichten. Die Forscher kontrollierten dann Veränderungen im Adenosintriphosphat-(ATP)- und Phosphokreatin-(PCr)-Gehalt des Hirnstoffwechsels mittels einer 31Phosphor-Magnetresonanz-Spektroskopie und überwachten gleichzeitig die Stress-Hormone, die das natürliche Glucose-Gleichgewicht regulieren. Da Vitamin C entscheidend für eine korrekte neuronale Energiesynthese ist, haben sie während des experimentellen Tests auch dessen zirkulierende Konzentrationen bestimmt.

Ergebnisse

Zerebrale hochenergetische Phosphate waren bei Blutglucosespiegeln von 7 mmol/l in Normalgewichtigen erhöht, in Adipösen aber nicht. Erst bei Blutzuckerspiegeln von 10 mmol/l stieg der Energiegehalt des Gehirns auch bei den adipösen Teilnehmern moderat an. Vitamin C-Konzentrationen korrelierten im Allgemeinen mit dem Energiegehalt des Gehirns bei Blutglukosekonzentrationen von 7 mmol/l.

Schlussfolgerungen

Die Daten aus Lübeck zeigen bei einer Glukosebelastung eine deutlich ineffiziente Energiegewinnung des Hirnstoffwechsels von übergewichtigen Männern, die aus einem gestörten Glukosetransport über die Blut-Hirn-Schranke oder einer herunterregulierten Energiesynthese in mitochondrialen Oxidationsprozessen resultieren könnten. Der aktuelle Befund bietet eine Erklärung für den chronischen neuroenergetischen Mangel bzw. die fehlende Sättigungswahrnehmung bei Fettleibigkeit.

Hier geht es zur Originalveröffentlichung

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...