Mittwoch, 28. Dezember 2016

Broken Heart Syndrom soll kein Gottesurteil bleiben

Das Broken Heart Syndrom, es gibt es wirklich: Beim Tod eines nahen geliebten Verwandten oder Partners stirbt der Trauernde innerhalb eines Jahres mit einer deutlich erhöhten Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Dass dies kein unverrückbares "Gottesurteil" bleiben soll, und wie man dies durch entsprechende Prävention verhindern könnte, zeigt eine aktuelle Studie auf.

Die Auswirkung psychologischer Belastungen auf das Herz, speziell wenn es sich um Grenzerfahrungen des menschlichen Lebens handelt, kann schwerwiegende Folgen haben. Für ein schmerzendes Herz bis hin zum plötzlichen Herztod, der durch Entsetzen, Trauer, Wut und Demütigungen auf der einen Seite und durch extreme Freude, Enthusiasmus und Erregung auf der anderen Seite hervorgerufen werden kann, hat sich der Ausdruck "gebrochenes Herz" zu einer weltweit anerkannten und kraftvollen Metapher entwickelt, die Eingang gefunden hat in die Folklore bis hin zur Volkskultur und in die hohe Literatur und von dort zurück in die alltägliche Kommunikation.

In der Medizin wird das "Gebrochene-Herz-Syndrom" als eine relativ neue Einheit in der Krankheitslehre beschrieben, die synonym mit den Begriffen Tako-Tsubo-Syndrom und Stress-Kardiomyopathie verwendet wird.

Unter diesen drei Begriffen zieht jedoch das "gebrochene Herz" am lebhaftesten den Zusammenhang zwischen den Bedingungen, unter denen die erlebte Erfahrung Herzschäden hervorrufen und kardiovaskulären Tod auslösen kann.

1967 schon haben Forscher die Sterberate bei 903 Verwandten von in Wales verstorbenen Patienten untersucht. Sie fanden, dass 4,8% der Hinterbliebenen naher Verwandter innerhalb eines Jahres der Trauer starben, verglichen mit nur 0,68% einer nicht trauernden Kontrollgruppe. Bei Witwen und Witwern war die Mortalitätsrate sogar um das Zehnfache höher als die der Kontrollgruppe.

Schon ein Jahr später war jedoch die Sterblichkeitsrate nicht mehr signifikant von der Kontrollgruppe verschieden.

Ähnliche Befunde wurden 1969 veröffentlicht: 4486 Witwer im Alter von 55 Jahren wurden 9 Jahre lang nach dem Tod ihrer Frauen im Jahr 1957 begleitet. Während der ersten sechs Monate nach dem Tod der Ehefrau, war die Sterblichkeit der Witwer 40% über dem Satz von verheirateten Männern gleichen Alters.

Weil es plausibel erschien, die ätiologische Rolle und die pathogene Wirkung dieses persönlichen Verlustes zu akzeptieren, blieben die pathogenen Prozesse, die den Tod verursachten, relativ unscharf.

Forscher aus Mainz bemängeln dies in einer aktuellen Studie: Broken Heart Syndrom, diese kulturell mächtige und belastbare Metaphern, könnte einem besseren Verständnis, einer besseren Prävention und dem fachgerechten klinischen Umgang mit der Krankheit im Wege stehen. Multi- und transdisziplinäre Ansätze zur Vorhersage und Prävention sollten entwickelt und angewendet werden, um ein "gebrochenes Herz" zu entmystifizieren und stattdessen Platz für einen nüchternen medizinischen Einsatz zu machen.


Hier geht es zur Originalveröffentlichung


 

Foto: Karin Schmidt / pixelio.de

 

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