Donnerstag, 22. Dezember 2016

Mit GABA Kampf gegen Diabetes

Anmerkung vorweg. Wenn Sie, was folgt, animieren sollte, zu einem Mittel zu greifen, so geschieht dies ohne meine Empfehlung, denn grundsätzlich gilt: 'Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker'. Ich aber bin (nur) Chemiker!

Einer Studie der Uni Nizza zufolge, an der auch die Uni Göttingen mitgewirkt hat, ist GABA offensichtlich in der Lage, die schwerwiegenden Folgen einer Diabetes 1 erfolgreich zu bekämpfen. Voraussetzung ist eine langfristige Gabe dieser Substanz, bis sie dann ihre Wirkung voll entfalten kann.

Bei der Behandlung mit GABA kommt es zu einer kontinuierliche Umwandlung von α-Zellen in β-ähnliche Zellen, gleichzeitig begleitet von einer permanenten α-Zellregeneration. Eine andauernde Exposition führt zu einer signifikanten Erhöhung der Größe und Zahl der Langerhans-Inseln aufgrund einer vermehrten Entstehung von β-artigen Zellen. Diese Vermehrung korreliert eng mit der Dosis und Dauer der GABA-üBehandlung.

GABA wirkt dabei über den auf den Zellen befindlichen GABA-Rezeptor. Dies löst einen α-Zellen-Umwandlungsmechanismus aus – mit gleichzeitiger Mobilisierung von duktalen Vorläuferzellen, die das endokrine Zelldifferenzierungsprogramm neu in Szene setzen, das bei der normalen (!) Entwicklung der Bauchspeicheldrüse beobachtet wird.

Wichtig ist, dass die regenerierten β-ähnlichen Zellen funktionstüchtig sind und so konsequent die bei Diabetes 1 den durch Entgleisung des Immunsystems chemisch induzierten β-Zell-Abbau zurückschrauben können. In Tierversuchen gelang dies auch bei schwer diabetischen Tieren.

Genauso wichtig ist die Demonstration, dass die Behandlung von transplantierten menschlichen Inselzellen dieselben Wirkungen zeigte, was auf eine ähnlich erfolgreiche Möglichkeit der Umwandlung von α- zu-β-ähnlichen Zellen auch beim Menschen hindeutet.

Diese Befunde könnten daher den Weg zu gezielten Therapien zur Wiederherstellung der ß-Zellmasse in Typ 1 und 2 Diabetes weisen.

Die Analysen der Studie zeigen, dass eine langfristige GABA-Behandlung zu einem signifikanten, aber kontrollierbaren Anstieg der Insulin-produzierenden Zellen führt.

Interessanterweise führte diese Insulin-Zellhyperplasie nicht zu einer Insulinresistenz oder zu erhöhten zirkulierenden Insulinspiegeln, wobei diese Ergebnisse in einer Linie liegen mit früheren Beobachtungen, die zeigen, dass eine erhöhte β-Zellmasse nicht das Glukosegleichgewicht beeinträchtigt.

Darüber hinaus zeigen die Forschungsergebnisse, dass auch auf Dauer diese GABA-vermittelte Insulin-Zellneogenese nicht negativ beeinflusst wird: 10 Monate alte Tiere reagierten in ähnlicher Weise wie die 2,5 Monate alten im Test.

Interessanterweise ist eine Zunahme der Insel-Anzahl unter allen getesteten Bedingungen zu beobachten. Aber es scheint sich ein Plateau bei etwa der doppelten Anzahl der Inseln einzustellen, die normalerweise in einer gesunden Bauchspeicheldrüse gefunden werden. Dies deutet darauf hin, dass GABA auch eine Inselneubildung auslösen kann, dieser Prozess aber begrenzt zu sein scheint. Weitere Einblicke in die molekularen Mechanismen dieser Begrenzung wären deshalb von offensichtlichem Interesse für die weitere ß-Zell–Regnerationsforschung.

Zusätzliche Analysen zeigen, dass GABA meist über einen GABA-Rezeptor auf den α-Zellen wirkt, und damit schließlich eine Abwärtsregulierung von bestimmten Transkriptionsfaktoren auslöst und damit die Umwandlung in ß-ähnliche Zellen fördert.

In einer gesunden Bauchspeicheldrüse befinden sich die Zellen, die die Glucosekonzentration im Blut regulieren in den sogenannten Langerhans-Inseln. Neben weiteren Zelltypen sind dies die α-Zellen, die aus Glucose Glucagon synthetisieren, und die ß-Zellen, die Insulin produzieren, ein Hormon, das den Transport der Glucose vom Blut in die Körperzellen regelt, beziehungsweise diese hochkomplexe Regelung zumindest einleitet.

Die Zellen, die mithilfe von GABA (gamma-Amino-Buttersäure) aus den α-Zellen entstehen, nennen die Wissenschaftler der Studie deshalb ß-ähnlich, weil bislang nicht untersucht wurde, ob sie tatsächlich mit ß-Zellen völlig identisch sind. Zumindest tun sie aber das, was ß-Zellen tun sollten: dem Körper Insulin zur Verfügung zu stellen

Basierend auf ihren Ergebnissen und auf der Tatsache, dass GABA die Blut-Hirn-Schranke nicht überqueren kann, schlagen die Forscher der Studie vor, dass eine langfristige GABA-Behandlung als vielversprechender Ansatz für eine neuartige Therapie genutzt werden sollte, um die ß-Zellmasse bei Diabetikern wiederherzustellen.

GABA ist seit langem schon als Nahrungsergänzungsmittel auf dem deutschen Markt eingeführt und wird hier besonders von "Bodybuildern" genutzt.

Hier geht es zur Originalveröffentlichung

 

Foto: Henrik Gerold Vogel / pixelio.de

 

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