Der Saft von Clementinen hat ähnlich wie der Grapefruitsaft das Potential für tiefgreifende Wechselwirkungen mit Arzneimitteln, die zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führen.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Grapefruitsaft sind wohlbekannt, und es gibt deshalb Warnhinweise auf dem Beipackzettel vieler Arzneimittel. Ähnliche Probleme wurden aber bislang nicht für Clementinen berichtet, und verfügbare Daten darüber sind knapp - trotz genetisch enger Verwandtschaft.
Bei einem Nierentransplantationspatienten, der hohe Clementinmengen verzehrte, beobachteten Forscher der Uni Heidelberg jetzt deutlich erhöhte Tacrolimus-Konzentrationen, einer Substanz, die die Abstoßungsreaktion des Körpers gegen das fremde Organ verhindern soll. Sie prüften deshalb die Wirkung von Clementinensaft auf den Stoffwechselweg dieser Substanz und die beteiligten Transportproteine in vitro und verglichen sie mit den Wirkungen von Mandarinen- und Grapefruitsaft.
Alle Zitrussäfte erhöhten teilweise tiefgreifend die Anzahl mehrerer Arzneimitteltransporter und Medikamentenmetabolisierungsenzyme, wobei die Effekte von Grapefruitsaft am stärksten ausgeprägt waren: So wurde beispielsweise eine 156fache und 34fache Vermehrung der mRNA von Cytocphrom P450 (CYP) 3A4 durch Grapefruitsaft bzw. Clementinensaft hervorgerufen. Dieses Enzym oxidiert viele Arzneimittel im Körper und beendet so ihre Wirkung.
Mit dieser mRNA-Flut (mRNAs vermitteln zwischen der Erbsubstanz im Zellkern und den Enzymstrukturen Ribosomen), die aus der Erbinformation die entsprechenden Proteine herstellen) werden dann die entsprechenden Enzyme und Transporter im Übermaß hergestellt.
Überraschung: Die Säfte inhibierten jedoch diese CYP3A4
Was sofort die Frage aufwirft, welche der beiden Wirkungen im Körper vorherrscht.
Unter Verwendung eines enzymatischen Aktivitätsassays haben die Forscher daraufhin zeigen können, dass in vitro die Hemmung des CYP3A4 überwiegt - und zwar sowohl für den Grapefruit- als auch für den Clementinen-Saft. Anders ist es bei einer verwandten Form des Cytochrom P450, CYP1A2. Hier verstärkt der Saft die Bildung dieser Substanz.
Somit ist die Hemmung von CYP3A4 vermutlich der Grund für den beobachteten Anstieg der Konzentrationen des Tacrolimus im Patienten, das, wie oben erwähnt, ein Substrat des CYP3A4 ist.
Zusammengenommen zeigen die Daten, dass sowohl Clementinensaft als auch Grapefruitsaft und in geringerem Ausmaß auch Mandarinensaft mehrere wichtige Genome von Medikamentenmetabolisierungsenzyme und Arzneimitteltransporter vermehrt kopieren, aber gleichzeitig auch einige dieser damit hergestellten Proteine hemmen.
Clementinensaft hat damit wie der Grapefruitsaft das Potential für tiefgreifende Wechselwirkungen mit Arzneimitteln, die möglicherweise zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führen.
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