Weizen-Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) sind über die Nahrung aufgenommene Aktivatoren der angeborenen Immunantwort. Sie beginnt mit der Aktivierung des toll-ähnlichen Rezeptors 4 (TLR4) auf der Oberfläche von bestimmten Immunzellen. TLR4 gehört im Immunsystem zu einer weit verbreiteten Untergruppe von Rezeptoren, die (Fremd)Strukturen von fast allen Erregertypen erkennen und daraufhin Signale auslösen, welche Immunzellen zur Produktion von Zytokinen und anderen Abwehrstoffen anregen – und damit eine Entzündungsreaktion hervorrufen. Die gesundheitlichen Auswirkungen firmieren unter dem Begriff Weizenunverträglichkeiten und können diagnostisch von Zöliakie und Weizenallergien abgegrenzt werden (siehe auch "Brot bringt Darm in Not").
Eine Forschungsarbeit aus Mainz zielte jetzt darauf ab, die biologische Aktivität von ATIs in verschiedenen Lebensmitteln und ihre Wirkung auf intestinale Entzündungen zu charakterisieren.
Die Forscher haben dafür 38 verschiedene glutenhaltige und glutenfreie Produkte ausgewählt – unverarbeitete (Weizen, Roggen, Gerste, Quinoa, Amaranth, Soja, Linsen und Reis) und verarbeitete (Pizza, Pasta, Brot und Kekse).
Die ATIs wurden extrahiert und ihre biologische Aktivität in TLR4-responsiven Mäusen sowie in humanen Zelllinien bestimmt.
Die Wirkung von oralen ATIs auf die intestinale Entzündung wurde an gesunden Mäusen getestet - nach einer gluten- und ATI-freien Diät und außerdem an Mäusen, in denen vorher durch entsprechende Substanzen eine Colitis ausgelöst wurde.
Die Parameter der angeborenen und adaptiven Immunreaktion wurden im Zwölffingerdarm, Ileum (dem unteren Teil des Dünndarms), Colon (mittlerer Abschnitt des Dickdarms) und den mesenterialen Lymphknoten (des Bauchfells) bestimmt.
Moderne glutenhaltige Grundnahrungsmittel hatten TLR4-aktivierende ATIs, die mehr als 100-fach höher waren als bei den meisten glutenfreien Lebensmitteln. Auch im verarbeiteten oder gebackenen Zustand behielten die Lebensmittel ihre ATI-Bioaktivität.
Die meisten älteren Weizenvarianten (wie Emmer oder Einkorn) hatten eine geringere Bioaktivität als unsere heutigen modernen (hexaploiden) Weizensorten. Zwei ATI-Spezies (CM3 und 0.19) waren dabei die häufigsten Aktivatoren von TLR4, und sie erwiesen sich als sehr resistent gegen Deaktivierung durch eine Proteolyse im Darm. Ihre Einnahme induzierte eine moderate intestinale Infiltration und Aktivierung von Immunzellen und die Freisetzung von Entzündungs-Mediatoren – erst im Dickdarm, dann im Ileum und dann schließlich auch im Duodenum.
FAZIT: Glutenhaltige Getreide haben bei weitem die höchsten Konzentrationen von ATIs, die TLR4 aktivieren. Oral eingenommene ATIs sind weitgehend resistent gegen Proteasen und Hitze und erhöhen die Darmentzündung durch die Aktivierung von Immunzellen im Darm und den Lymphknoten des Bauchfells.
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Foto: Rike / pixelio.de
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