Die Schwangerschaft ist für jede Frau eine ganz besondere Erfahrung , die mit vielen Änderungen einhergeht, so auch mit einem ganz besonderen Verlangen nach Nahrungsmitteln - aber manchmal auch mit einer unstillbaren Gier nach ganz bestimmtem "Non-Food".
Das Ziel der Studie von der Uni Hohenheim, die hier vorgestellt werden soll, war es, die Änderungen im Essverhalten von Schwangeren in Westkenia auf die folgenden drei Punkte hin zu untersuchen:
Pica oder Pica-Syndrom - die zwanghafte Aufnahme von ungenießbarem "Non-Food", wie Erde, Steine und Papier, manchmal auch Fäkalien
Fresssucht - übermäßige Nahrungsaufnahme
Aversion vor bestimmten Nahrungsmitteln
Fresssucht zeigten dabei 73,8 % der Schwangeren und beinahe die Hälfte (48,7 %) eine Aversion gegen Lebensmittel. Dabei war ein besonderes Verlangen auf Maismehlprodukte, Mango und reife Bananen sowie Fleisch und Fisch, zu den gemiedenen Nahrungsmittel zählten Omena (ein Trockenfischprodukt), Fleisch, Grünkohl und generell Fisch. Das gleiche galt für Eier, Tee und Milch.
Das Vermeiden dieser Lebensmittel sollte nach Aussage der Probandinnen vor zuvor erlebter Übelkeit, Erbrechen und Sodbrennen bewahren.
Das Pica-Syndrom konnte bei 27,4 % der Frauen festgestellt werden, wobei fast die Hälfte auf sogenannte "soft stones", meist Kalk- oder Kalksandsteine zurückgegriffen haben, die in vielen Läden des Landes angeboten werden. Es folgte (Lehm-)Erde, aus denen ihre Behausungen bestehen, und schließlich auch die Erde von Termitenbauten.
Dabei zeigte sich, dass der erlebte Tod eines eigenen Kindes das Risiko für die Ausprägung einer Pica fast verfünffachte. Hingegen schmälerte eine höhere Schulbildung die Gefahr auf ein Drittel.
Dieses Phänomen ist insofern nicht mehr auf Länder Zentralafrikas beschränkt, da die Migrationsbewegungen der letzten Jahrzehnte Frauen dieses Kulturkreises inzwischen auch nach UK und die USA aber auch in andere europäische Länder (speziell Frankreich [Paris] geführt haben.
Seitdem hat ein reger Handel mit zum Beispiel "Calabash Chalk" direkt aus der afrikanischen Heimat eingesetzt. Dieses Produkt besteht zwar ursprünglich aus Kalkstein oder Kalksandstein mit hohem Anteil an fossilen Muschelschalen und Schalen anderer Meerestiere, kann aber auch eine Mischung aus Kalk, Sand, Holzasche und Salz sein, die anschließend geformt und gebacken wurde.
Während Pica in Afrika ein weit verbreitetes und wohl akzeptiertes Verhalten ist, gilt es hierzulande als Essstörung und betrifft relativ häufig nur geistig behinderte Menschen, Demente, Autisten und Menschen mit anderen psychischen Erkrankungen sowie "Verwahrloste".
Eine andere Form der Pica ist dagegen - aus naheliegenden Gründen - hierzulande häufiger als in Afrika: die Eis-Pica - auch Pagophagie genannt. Hier gieren Menschen - speziell auch Schwangere - mit dieser Zwangshandlung nach Eiswürfeln. Wohlgemerkt, um sie zu zerkauen und zu schlucken.
Für Ärzte - die dieses Verhalten im klinischen Alltag wohl oft übersehen - könnte es ein Alarmzeichen sein, korreliert dieses Verhalten doch oft mit einem manifesten Eisenmangel. Und eine Therapie mit einem Eisenpräparat ließe das Eis-Pica-Syndrom oft schnell verschwinden.
Hier geht es zu den weiteren Forschungsergebnissen der neuen Studie.
Calabash Chalk
Foto: sciencepole.com/calabash-chalk/
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