Mittwoch, 2. November 2016

Optogenetik: eine neue Technik bringt Licht ins Dunkle der Morphogenese und des Krebswachstums

Die Optogenetik ist eine neue leistungsstarke Technik der Biowissenschaften. Ihr gelingt die Kontrolle von Proteinaktivitäten mittels Licht. Die Fähigkeit, dies mit der räumlichen und zeitlichen Präzision eines Laserpulses zu tun, eröffnet Forschern ganz neue Wege für die Untersuchung von Entwicklungspfaden und von zellbiologischen Grundlagen des Wachstums von Organismen.

Selbst alte Fragen, die mit den bisher angewendeten Techniken nicht befriedigend beantwortet werden konnten, sind mit der Optogenetik inzwischen beantwortet. Und Antworten auf neue Fragen sind dazugekommen. Dazu wurden inzwischen eine ganze Reihe von optogenetischen Werkzeugen entwickelt, die jetzt im Rahmen eines aktuellen Reviews zusammengestellt wurden, zusammen mit den Forschungsergebnissen, die mit ihrer Hilfe erzielt werden konnten.

 

Dabei zeichneten sich folgende Trends ab:

  • Die Optogenetik ermöglicht neben der Manipulation der Genexpression auch die Manipulation des Verhaltens einzelner Zellen oder einer Gruppe von Zellen - und dies in der natürlichen Umgebung intakter Organismen.
  • Präzise räumlich-zeitliche und quantitative Eingriffe in Signalsysteme mittels der Optogenetik bieten einen leistungsstarken Zugang zu mehrzelligen Systemen.
  • Die Möglichkeit, die Optogenetik mit genetisch kodierten Biosensoren zu kombinieren (z. B. Spannungssensoren) oder chemischen Sonden, ermöglicht die Beeinflussung und Überwachung biochemischer Reaktionen in vivo.
  • Durch die Kontrolle der wichtigsten Verhaltensweisen, wie z. B. Zellbewegung, Polarität sowie Zellteilung und Ausbreitung, wird die Optogenetik auch zur Charakterisierung der Mechanismen beitragen, die der Organregeneration, dem Krebswachstum und der Invasion von Krebszellen ins Gewebe lebender Organismen zugrunde liegen.
Die Morphogenese, das Formen lebender Zellen und die Ausbildung von Gewebe, ist ein extrem komplexer Prozess, der das exakte Eingreifen tausender Moleküle an spezifischen Stellen zu wohldefinierten Zeiten voraussetzt.

Diese erzeugen dabei ein ganz bestimmtes Verhalten der Zelle, das wiederum die endgültige Funktion dieser Zelle im entstehenden Gewebe bestimmt. Die maßgeblichen Parameter dabei sind die Verformbarkeit der Zelle, ihre Beweglichkeit und ihre Teilungsrate. Bei diesem Prozess muss zum einen verstanden werden, wie die Zelle ihre inneren Bestandteile restrukturiert, vor allem das Zytoskelett und die Zellmembran, und zum anderen, wie die Zelle ihr Verhalten mit anderen Zellen koordiniert, um so am Ende sinnvolle makroskopische Strukturen ausbilden zu können.

Mit Laserlicht und lichtsensitiven Molekülen lassen sich solche Veränderungen gezielt an und ausschalten, wobei unterschiedliche Frequenzen und Intensitäten der Laserpulse ganz unterschiedliche Ereignisse in der Morphogenese triggern können.

So lassen sich ganz gezielt - und Schritt für Schritt - entweder die Beweglichkeit der Zelle oder ihr Untergang durch Apoptose beeinflussen. Auch können durch Laserlicht Signalkaskaden ausgelöst werden, die die Zelle oder eine Linie von Zellen zu einer bestimmten Reaktion zwingen. Schließlich kann auch die Form der Zelle durch Kontraktion oder Relaxation verändert werden, ja selbst eine Differenzierung der Zellen gelingt mit einem ganz bestimmtem Laserlicht.

Foto: Günter Rehfeld / pixelio.de
Die Morphogenese ähnelt einem Origami: Was hier aus einem Blatt Papier allmählich durch Faltung entsteht, entsteht in biologischen Systemen aus einem Zellhaufen, der sich schnell zu einer Röhre entwickelt, die aus einem Außen, einem Innen und einer mittleren Zellschicht besteht: Exoderm, Endoderm und Mesoderm. Durch Faltungen entlang bestimmter Linien, ausgelöst durch Signalkaskaden, durch Einwanderung von Zellen oder Zellgruppen in bereits bestehende Strukturen, durch den gleichzeitigen Untergang anderer Zellen und Zellgruppen, entsteht ein immer komplizierteres Gebilde. Und trotzdem ist am Ende die Röhre immer noch zu erkennen: Sie beginnt bei (fast) allen Lebenwesen am Mund und endet am After.

 

Wer es genauer wissen will: Hier geht es zum Originalartikel.

 

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